Hallig-6

21. November 2011 – Mein letzter Aufenthalt …

Bin wieder hier. Die Ankunft gestern in dickem Nebel. Ist das Hallig Hooge? Ja, die Menschen, die ich teilweise schon in Niebüll und auf der Fähre getroffen habe, sind Hooger. Alles richtig. Auch weit mehr als der halbe Schreibkurs war schon auf dem Schiff. Eine richtig nette Truppe. Wir werden bestimmt viel Spaß haben!

Heute strahlt die Sonne vom Himmel. Wunderschön. Aber für Sonntag ist Sturm angesagt. Windstärke 10 womöglich und dazu Springtide. Werde ich ein Landunter als Abschiedsgeschenk bekommen? Ich werde berichten …

23. November 2011 – Neun Schreiber auf Kaperfahrt …

Ein Geschenk habe ich auf jeden Fall bekommen: die beste Schreibgruppe, die ich mir nur wünschen konnte!

Unglaublich, wie kreativ, konzentriert und engagiert alle waren. Sie haben sich an ersten Sätzen probiert, Figuren entwickelt – einige davon haben uns Schauer über den Rücken gejagt – sich in Hunde oder auch Gänse hineinversetzt und nie das Thema verfehlt, obwohl sie es oft befürchteten. Zum Schluss sind wir gemeinsam auf Kaperfahrt gegangen. Das war das Thema, das es am ersten Abend als ‘Hausaufgabe’ gegeben hat. Die Resultate haben mich verblüfft, gefreut, beeindruckt. Ganz verschiedene Ansätze, ganz verschiedene Herangehensweisen. Immer kam ‘Angst’, ‘Schietwetter’ und ‘Am Rad drehen’ vor – aber immer ganz anders. Es war ein Vergnügen, jedem einzelnen Text zu lauschen. Und am Ende brach sogar noch die lange erwartete Windhose über uns herein. Aber das ist eine andere Geschichte …

Abends gemeinsamer Ausklang in großer Runde im ‘Seehund’. Ob es ein Wiedersehen gibt, eine Fortsetzung unserer Schreibwerkstatt? Ich würde mich freuen!

PS: Mops Romeo muss natürlich auch erwähnt werden, der zwischen ausgestopften Vögeln und lebenden Seesternen im Wattenmeerhaus die Stellung gehalten hat, während uns im Seminarraum die Köpfe rauchten. Ein sehr sympathischer Hund.  

24. November 2011 – Yoda im Anmarsch …

Nachdem vorgestern einige die Warnung, es könne am Wochenende Sturm geben, noch mitleidig lächelnd abgetan haben, kommt nun allmählich Unruhe auf. Yoda soll er heißen und mit acht bis zehn Windstärken am Sonntag über die Hallig brausen. Aus westlicher Richtung. Für 14:30 Uhr wird das Hochwasser erwartet, Springtide steht außerdem bevor. Eine gefährliche Kombination. Heute Morgen im Büro ein Anruf: “Da kommt was auf euch zu. Ihr lauft voll!” Na denn man tau …

26. November 2011 – Wasser von allen Seiten …

Gestern gegen 20 Uhr ging es los: zunehmender Sturm, Graupelschauer, Gewitter. Auch die letzten Zweifler konnten ahnen: Da kommt etwas auf uns zu. Andererseits habe ich hier schon wesentlich stärkere Böen erlebt. Trotzdem, der erste Blick aus dem Fenster heute Morgen um 9 Uhr lässt mich jubeln: Landunter!

Blick von Hanswarft zur Kirchwarft. Links das Haus des Seglervereins.

Frühstück kann warten, nichts wie raus mit der Kamera und einmal um die Warft gelaufen, soweit es denn geht. Toll! Die Nordsee ist zu Besuch und wirkt kein bisschen bedrohlich. Ein geschenkter Tag, an dem man nicht viel unternehmen kann, außer sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und den grauen Gast zu bestaunen. Weniger schön ist, was alles angetrieben wird: jede Menge Plastikmüll. Auch ein Heuler liegt im Gras, der aber wohl kürzlich schon tot am Deich gesehen wurde. Das Meer hat ihn weit in die Hallig getragen. Der kleine Kerl und all der Unrat müssen entsorgt werden, wenn sich die Flut zurückzieht. Eine große Aufgabe für eine kleine Gemeinde. Wer den Sinn des Halligtalers noch immer in Frage stellt, sollte jetzt hier sein …

Viele Menschen begegnen mir nicht. Diejenigen aber, die ich spreche, sind alle vom Wasser überrascht, das gestern Nacht mit 1,70 m über den Deich schwappte. Ich muss schmunzeln, wenn ich daran denke, wie man gestern noch ausgelacht wurde, wenn man von Landunter gesprochen hat. 

Der Kaufmann hat nur zwei statt vier Stunden geöffnet. Von Hanswarft waren ohnehin schon alle da – ich eingeschlossen. Und sonst kann ja keiner kommen. Mir fällt Ralf auf Ockenswarft ein, der auf Hooge zwei Wochen ‘Hand gegen Koje’ gemacht hat und heute abreisen wollte. Lieber einen Tag früher, weil für Sonntag der Sturm angesagt ist und der Ausfall der Fähre schon am Freitag angekündigt war, dachte er sich. Und nun das …Höhere Gewalt, erst am Dienstag wird er nun von der Hallig kommen. Hoffentlich hat er genug Verpflegung in der Wohnung.  

Selbst am Nachmittag ist das Wasser nicht abgelaufen. Immer wieder Regen und Hagel. Für morgen sind Böen bis Windstärke zehn angesagt. Bitte, bitte, Daumen drücken, dass die Nordsee die Gastfreundschaft der Hooger am Ende nicht ausnutzt.

Apropos Gastfreundschaft: Eigentlich wollten sich gestern die letzten Teilnehmer der Schreibwerkstatt, die noch auf Hooge sind, in dem einzigen geöffneten Café treffen. Nur hatte das gar nicht geöffnet. Was tun? Treffen bei Andrea auf Ockenswarft. Als Vermieter Carl von dem Malheur hört, bietet er spontan an: “Soll ich einen Kuchen backen?” Na, wenn das keine gute Idee ist. Es gab Bienenstichtorte – einfach köstlich! Mal ganz ehrlich, so etwas passiert einem längst nicht überall. Aber auf Hooge!

In diesem Sinne sage ich, wie schon so oft, erstmol …

28. November 2011 – Für die Gäste nur das Beste …

Gestern nach dem Aufstehen die nächste Überraschung: das Wasser ist weg. Es ist sogar möglich, in die Kirche zu gehen. Bei dem Sturm, der die ganze Nacht getost hatte, bin ich alte Landratte fest davon ausgegangen, dass die Hallig noch immer im Griff der Nordsee liegt, aber nichts da.

Neben einem wunderbaren plattdeutschen Gottesdienst wurden die wenigen Besucher mit der Info versorgt, dass der Kaufmann außerplanmäßig für eine Stunde öffnet. Es steht nämlich das nächste Landunter bevor, und so mancher muss sich vielleicht noch mit Lebensmitteln eindecken. So ist es, der Laden brummt! Auch Ralf von Ockenswarft ist da und versorgt sich. Die Warft-Obleute haben allen Bescheid gegeben. Das funktioniert hier wirklich gut.

Ab Mittag trat tatsächlich das nächste Hochwasser ein und brachte ein neues Landunter mit sich. Es war perfekt, man konnte in aller Ruhe zusehen, wie die Hallig voll lief. “Für unsere Gäste nur das Beste”, kommentierte die Frau des Pastors das. Stimmt, an diesem Wochenende blieb kein Wunsch offen. Und weil Bilder manchmal mehr sagen als jedes Wort, hier noch einige Eindrücke …

                      

        Die Wellen spülen über den Deich, gleichzeitig laufen die Priele voll und über …

  

Von meinem Fenster aus, kann ich zusehen, wie das Wasser kommt …Ein harmloses Landunter, auf dem rechten Bild sieht man, dass es 2002 (s. Pfeile) deutlich höher stand.

      Blick auf Pellworm von Hanswarft aus; links gegen 14 Uhr, rechts um 15:30 Uhr …

Und dann: Die Ruhe nach dem Sturm. Heute, am Montag, steht die Nordsee den ganzen Tag in der Hallig. Es ist beinahe windstill und sehr sonnig. Alles kann, nichts muss. Ein kleiner Spaziergang zwischendurch, für eine lange Wanderung reicht der Platz nicht. Selbst für Hooger Verhältnisse ist es auffallend beschaulich. Alle haben frei. Und jeder nutzt das Landunter auf seine Art …

                                          

                                           Ein Seepferdchen …

 

                                   

                 Ist ja nicht so, dass man sich gar nicht besuchen könnte von Warft zu Warft …

 

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