03. August 2011 – Es geht wieder los …
Übermorgen bringt mich das Adler-Schiff schon wieder auf “meine” Hallig. Im Gepäck habe ich mein Schwesterherz. Ich bin also nicht allein am ersten Hooge-Wochenende. Einsam bin ich dort ja sowieso nicht.
Am Montag gleich der erste Höhepunkt. Per mail hat ein Paar mich kontaktiert, das sich traut oder besser gesagt, das sich trauen lässt. Und zwar …na klar, auf Hooge. Ich darf dabei sein und bin schon ziemlich gespannt. Mehr darüber demnächst an dieser Stelle …
09. August 2011 – Eine Hochzeit und vier Wetterlagen …
Wieder einmal, wie so oft, hatte das Leben seine eigenen Pläne. Aufgrund interner Änderungen – nennen wir es einmal so – sind wir doch erst am Samstag angereist. Das Wochenende mit meiner Schwester war sehr schön und entspannt. Aber das ist privat, deshalb erzähle ich davon nicht mehr 😉
Gestern wurde nun also auf Hooge geheiratet. Sibylle und Jörg, Stammgäste der Hallig, haben den Schritt gewagt, Freunde und Familie den weiten Weg hierher auf sich genommen, um dabei zu sein.
Standesamt im Café Seehund. Der Standesbeamte kam von Pellworm.
Es war eine wunderbare Trauung, finde ich. Gefühlvoll, aber nicht kitschig, bodenständig ohne viel Pomp – eben so, wie das Halligleben ist (soweit ich das inzwischen beurteilen kann).
Das Brautpaar mit der Vermieterin der ersten Stunde. “Ohne Sie hätten wir niemals hier geheiratet!”
Es ist extrem stürmisch. Der Regen, der in heimtückischen Schauern kommt, peitscht horizontal. Im nächsten Moment herrlicher Sonnenschein. Manchmal sogar beides gleichzeitig. Verrückt. Aber bestimmt eine gute Einstimmung auf die Ehe, bei der die Wogen sicher auch mal hochschlagen und dann wieder sanft ans Ufer des Alltags rollen werden. Wenn’s drauf ankam, hatten Sibylle und Jörg Glück. Sie sind trockenen Fußes in die Kirche und hinterher in die Kutsche gekommen. Ein gutes Omen. Von dieser Stelle noch einmal meinen herzlichsten Glückwunsch und alles Glück der Welt!
Heute früh auf dem Weg ins Büro hat ein Schauer meine Mitbewohnerin, die hier zwei Wochen Hand gegen Koje macht, und mich voll erwischt. Glücklicherweise hat eine liebe Kollegin von der Ockenswarft, die ich angerufen habe, uns einen Föhn mitgebracht. So konnten wir uns wenigstens trocken legen …Irgendwie ganz schön herbstlich der Sommer 2011. Der Sturm heult um die Häuser, als wäre es November.
Regen kann auch richtig schön sein …wenn er sich als kleine Perlen auf Stockrosen setzt. Die blühen hier gerade auf jeder Warft!
11. August 2011 – Wo die Nordseewellen …
Nee, nu is es langsam nicht mehr witzig. Der Sturm peitscht um die Warften und würde einem November alle Ehre machen. Der Regen kommt von vorn. Und zwar immer. Gestern habe ich mir vor lauter Verzweiflung (und falscher Klamotten, die ich mit habe) schon Namenssocken mit “Horst” drauf gekauft. Die sind auch schon wieder nass. Und meine Lederschuhe – sie riechen irgendwie nach feuchtem Hund – schlafen jede Nacht unter der Heizung, damit sie wenigstens für die ersten drei Schritte des Tages trocken sind. Dafür habe ich gerade erfahren, dass ein mobiler Textilhändler auf Hooge ist. Super, da habe ich doch gleich einen Satz Socken ohne Namensaufdruck erstanden! (Sorry, Horst) Fleece-Pullover sind übrigens so gut wie ausverkauft …
Jetzt ist aber genug gejammert. Ab morgen Mittag soll es schöner werden. Das sagt zumindest ein Online-Wetterdienst. Und dem glaube ich. So!
15. August 2011 – Immer was los …
Höchste Zeit, dass ich mich wieder melde. Was gibt es Neues auf Hooge? Das Sommerfest auf Hanswarft hat sich seinem Chef, dem Sommer, angepasst und ist ausgefallen.
Gähnende Langeweile auf der Hallig? Von wegen!
Trotzdem gibt es immer ein spannendes Programm. Die “geistliche Abendmusik” am Samstag in der Halligkirche muss ein Genuss gewesen sein. Leider habe ich sie verpasst, weil ich gerade fleißig am Roman geschrieben habe. Schade. Es wurden Werke von Bach und Telemann auf der Orgel, dem Cembalo und der Flöte gespielt.
Die Diashow mit Hartmut Dell Missier am Sonntag im Saal des “Uns Hallig Hus” war auf jeden Fall den Besuch wert. Wer glaubt, Diashows seien von gestern, liegt falsch. Tolle Bilder, viele Informationen über das Halligleben, schöne Musik, die die Impressionen aus den verschiedenen Jahreszeiten untermalt hat, das Ganze gewürzt mit trockenem nordfriesischen Humor. Unbedingt zu empfehlen!
Heute Abend lese ich im Pastorat aus “Die Bernsteinsammlerin”. Morgen gibt es schon wieder eine Lesung. Im Wattenmeerhaus werden Ausschnitte aus “Ruf der Tiefe” zu hören sein. Bin gespannt.
Am Mittwoch ist dann wieder mal die Speeldeel mit dem Schwank “De grote Knall” dran. Also, immer etwas los auf Hooge!
Ach ja, zum Thema Wetter: Der Wind hat aufgefrischt, dafür scheint die Sonne. Zeit, sich’s auch mal im Strandkorb gemütlich zu machen.
16. August 2011 – Abschied von Hooge …
Die Lesung gestern im Pastorat war wunderschön. Besetzt bis auf den letzten Platz, gebannte Zuhörer und wieder die wunderbare musikalische Umrahmung von Pastor Witte. Nicht zu vergessen, die von ihm auf Kirchwarft gepflückten Blümchen und die perfekte Versorgung mit Wasser und Tee sowie die liebevolle Gestaltung des Raumes mit Kerzen durch Frau Witte. Dafür ein dickes Dankeschön! Und ein ebenso herzliches Dankeschön an die Besucher, die stolze 104 Euro für den Erhalt der Halligkirche spendeten!
Dieser Tag ist überschrieben mit “Abschied”. Zum einen rückt meine Abreise schon wieder mit großen Schritten näher. Zum anderen gibt es einen aktuellen Anlass. Gestern wurde bekannt, dass zwei Hallig-Leute, die deutlich über zehn Jahre hier gelebt haben, gehen werden. Bisher habe ich mich immer nur gefragt: “Könnte ich auf Dauer auf einer Hallig, auf Hallig Hooge leben?” Jetzt taucht erstmals der Gedanke auf: “Wie mag es sein, wieder auf dem Festland Fuß fassen zu müssen?” Und noch etwas. Wie ergeht es denen, die zurückbleiben, die zwei Freunde gehen lassen müssen? Bei ohnehin nur bummelig hundert Menschen, die eng beieinander leben, sind es vermutlich nur ganz wenige, die einem extrem nahe stehen. Gehen zwei davon weg, ist das ein herber Verlust, stelle ich mir vor.
In diesem Sinne sage ich heute etwas nachdenklich erstmol …
17. August 2011 – Von Piraten und Kapitänen …
Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Das ist gestern geschehen. Ganz spontan wurde im kleinen Kreise noch einmal auf das Brautpaar Sibylle und Jörg angestoßen. Schön war’s. Der Rest ist Schweigen …;-)
Heute lese ich in der Online-Ausgabe der Mainpost, dass es hier Piraten auf Hooge gibt. Warum? Weil der “Vater des Hallig-Talers” es wagt, Tagestouristen einen Euro abzuknöpfen (Kinder bis 18 Jahren zahlen 20 Cent). Kurtaxe nennt man so etwas und zahlt die Gebühr, wenn man auf Sylt an den Strand möchte, oder wenn man Ferien an der Ostsee macht. Ich lebe an der Ostsee und habe noch nicht gehört, dass die Gemeinden Scharbeutz oder Timmendorfer Strand als Piratendörfer betitelt wurden. Dort aber sehe ich an vielen Bänken Schildchen, wer denn die Sitzgelegenheiten für Gäste und Einheimische gesponsert hat. Hier ist das übrigens ausschließlich Gemeindesache. Die Nutzung öffentlicher Toiletten kostet auch an der schönen Ostsee Geld.
Warum also regt sich jemand auf, der – mit Verlaub – auch mit dem Hallig-Tourismus seine Krabbenbrötchen verdient, wenn Hooge sich bemüht, seine Finanzen in den Griff zu bekommen? Es gibt Orte auf dieser Welt, an denen alles etwas aufwändiger ist, etwas mehr Geld kostet. Venedig ist so ein Ort. Alle Lebensmittel müssen mühevoll in die Lagunenstadt gebracht, der Müll muss wieder entsorgt werden. Bei Hochwasser werden schnell Stege aufgebaut, auf denen Bewohner wie Touristen sich trockenen Fußes fortbewegen können. Keine Ahnung, ob der Kapitän schon mal in Venedig ein kleines Vermögen für einen Cappuccino bezahlt und wie er darauf reagiert hat …
Auch Hooge ist so ein besonderer Ort. Halligen – und zwar bewohnte Halligen – sind Küstenschutz. Ich kann mich nur einem Kommentator des Artikels anschließen, der sagt, man solle doch froh, sein, dass die Menschen hier nach jedem Landunter unverdrossen wieder alles aufräumen, damit Urlauber die Idylle genießen können. Sie könnten ebenso gut die Flinte ins Watt werfen und aufs Festland gehen, wo das Leben leichter und sicher auch preisgünstiger wäre. Oder sie verzichteten auf so manche Dienstleistung, die den Besuch hier – auch bei nur wenigen Stunden Aufenthalt – angenehm macht. Wäre dem Herrn Kapitän damit gedient?
Dies noch zum Schluss: Ich habe durchaus schon manche Stunde am Anleger verbracht. Die meisten Gäste, die ich erlebt habe, zahlten den Taler gern. “Ja, für den Erhalt und die Pflege der Hallig ist das gut investiertes Geld”, sagten sie.
Na, wenn das nicht nach einer gefährlichen Piraten-Insel aussieht …
19. August 2011 – Es geht nach Hause …
Nicht zu fassen, wo ist die Zeit geblieben? Die zwei Wochen sind wieder einmal nur so weggeweht. Wie immer ist es merkwürdig, zu gehen. Von einer Welt in eine ganz andere. Wie immer …und doch auch jedes Mal ein bisschen anders. Ich lerne das Halligleben bei jedem Aufenthalt ein Stückchen besser kennen. Es ist nicht mehr Ruhe und Harmonie von der ersten Minute an, inzwischen sehe ich viele Schwierigkeiten und Probleme. Das ist ein wenig ernüchternd, andererseits heißt es auch, dass man die Menschen besser kennenlernt, an ihren Sorgen Anteil nimmt.
In diesem Sinne bis zum nächsten Mal …im Herbst …erstmol
Was bisher geschah:
1- Hallig Februar
2- Hallig April
3- Hallig Mai -Juni
4- Hallig August (diese Seite)
5- Hallig Oktober
6- Hallig November
7- Hallig Abschied